RICHTIGER Umgang mit kriminellen Mitarbeitern

Sicherheitslücken in Unternehmen kosteten Firmeninhabern im Jahr 2019 rund 225 Millionen Euro. Wenn Dein Unternehmen schon einmal monetäre Verluste durch Mitarbeiter erleiden musste, dann empfehle ich Dir jetzt unbedingt weiterzulesen, denn ich erkläre Dir in diesem Beitrag, wie Du die Krise als Chance nutzen und richtig mit kriminellen Mitarbeitern umgehen kannst.

Wer das oben erwähnte schon erschreckend findet, dem wird diese Zahl nicht gefallen:
75% aller Verluste in 2019 konnten internen Tätern, also Firmenmitarbeitern, zugeordnet werden.
Kein Wunder, dass immer mehr Firmen versuchen Verluste schon im Vorfeld zu vermeiden. Wenn plötzlich Gegenstände oder Geld in Deinem Unternehmen abhandenkommen, solltest Du ein konkretes Aufklärungsinteresse haben.

Ich habe zum Beispiel vor ein paar Tagen mit dem Inhaber einer Firma zu gesprochen, der einen Diebstahl von teuren Digitalkameras in seinem Unternehmen aufdecken konnte. Auch hier war ein interner Mitarbeiter involviert. Aus beruflicher Neugier erkundigte ich mich, was er dann unternommen hat.

„Na was schon, ich habe die Polizei gerufen, den Typen sofort rausgeschmissen und eine Strafanzeige bei der Polizei gestellt.“ Oha! Seine Reaktion ist natürlich aus menschlicher Sicht absolut nachzuvollziehen.

Lass Dir nicht die Chance entgehen, etwas über Dein Unternehmen zu lernen!
Und jetzt hat dieser Mitarbeiter Dich bestohlen, Dich hintergangen und Dein Vertrauen missbraucht. Wie fühlst Du Dich? Verärgert? Wütend? Enttäuscht? Du hättest genau so gehandelt, wie der Firmeninhaber im Beispiel von oben? Du hättest diesen A***h auch sofort rausgeschmissen?

Verständlich. Menschlich. Nachvollziehbar. Aber leider absolut falsch!
Warum? Naja, hier lässt Du Dir gerade die Chance entgehen etwas über Dein Unternehmen zu lernen.

Stelle die richtigen Fragen!
Du weißt natürlich viel über Deine Firma. Logisch! Aber stelle Dir trotzdem mal die Frage, was Du als Chef alles nicht weist.
Natürlich ist es schwer sich selber einzugestehen, dass man im eigenen Unternehmen gewisse „blinde Flecken“ hat. Schlimmer sind dabei die toten Winkel, die man noch nicht einmal realisiert.
Wir machen hier gerade nur Gedankenspiele, aber in einem konkreten (Verdachts)Fall solltest Du jetzt das Ziel verfolgen, im Rahmen von internen Ermittlungen möglichst viele Informationen zu erhalten. Es muss für Dich wichtig werden derartige Fälle in der Zukunft zu verhindern. Manchmal benötigt deine Personalabteilung (Human Resources) auch „Futter“ um arbeits- oder zivilrechtliche Maßnahmen gegen den Mitarbeiter einleiten zu können.

Hier sollte man sich gezielte Fragen stellen:
Auf welche Schwierigkeiten er dabei gestoßen? Was hat ihm seine Tat erleichtert?
Wie sollte der Weiterverkauf von Diebesware erfolgen, oder wie ist er erfolgt?

Die Liste der interessanten Fragen ist natürlich noch wesentlich länger, soll hier aber zur Veranschaulichung erst einmal reichen.
Ok, aber was sollst Du jetzt mit diesen Informationen noch anfangen? Das Kind ist doch schon in den Brunnen gefallen. Schreien wir ihn doch lieber noch ein bisschen an, das hat der wirklich verdient, dieser … Halt!

Diese Informationen sind für Dich als Unternehmer wichtig, um Deine Firma zukünftig vor solchen Verlusten besser zu schützen:

Wenn der Modus Operandi z.B. darin bestand, dass Dein Mitarbeiter beim Scannen an der Registrierkasse immer nur jedes 4. Produkt auf dem Band gescannt hat, wenn sein bester Kumpel in Deinem Baumarkt zum einkaufen war, dann kannst Du daraus für die Zukunft Verbesserungen ableiten.

Wenn Dein Mitarbeiter Probleme damit hatte die gestohlenen Handys aus Deinem Laden zu schmuggeln, dann weißt Du, dass die kürzlich eingeführten, stichprobenartigen Taschenkontrollen Deiner Mitarbeiter eine gute Idee waren. Und das, obwohl der Betriebsrat zunächst Bedenken angemeldet hatte.

Wenn Du Dich schon seit längerer Zeit darüber wunderst, dass aus Deinem Frisörsalon Haarpflegeprodukte und teure Scheren verschwinden dann erfährst Du nun im Rahmen einer Ermittlung, dass diese bei einem Deiner Mitbewerber landen, der sie einem Deiner Mitarbeiter abkauft.

Wenn Du Deinen Mitarbeiter nicht einfach zum Teufel gejagt hast, dann freust Du Dich jetzt darüber, denn nun weißt Du dass sich da in Deinem Laden noch eine zweite diebische Elster an angeblicher Stornoware bereichert, die Du vor dem Gespräch noch gar nicht auf dem Radar hattest.

Du verstehst langsam, worauf ich hinaus möchte. Wir betreiben hier klassische Informationsgewinnung.
Dies wird u.a. später auch wichtig, wenn Du eine wirklich wasserdichte Anzeige bei der Polizei stellen möchtest. Der Arbeitnehmer ist übrigens verpflichtet an Gesprächen teilzunehmen, zu denen Du ihn aufforderst. Sie müssen nur die Art und Weise seiner Leistungsbringung betreffen und ein paar andere Parameter müssen dabei beachtet werden, aber dazu erfährst Du demnächst näheres in diesem Blog.

Ok, weiter im Text: Du freust Dich nun, dass Du all diese Typen nicht einfach zum Teufel gejagt hast, denn nun weißt Du, was zur Hölle in Deinem Unternehmen genau los ist und kannst handeln.

Informationsgewinnung… klingt gut! Wie geht das?
Ganz einfach: Frag den, der Dich bestohlen hat!
Ach so einfach ist das? Naja, fast…
Gut, jetzt könnte man natürlich sagen dass das Zusammentragen von Informationen und Beweisen Aufgabe der Polizei ist. Ja das ist es auch. Aber die Polizei hat in der Regel gar keine Zeit für ausführliche Ermittlungen. Es sei denn, es handelt sich hier gerade um einen Jahrhundertraub, der die Gründung einer Soko rechtfertigt.

Zurück zum Thema: Das Wichtigste ist, dass wir die richtigen Fragen stellen müssen.
Hier ist u.a. der Einsatz der passenden Fragetechnik entscheidend. In einem anderen Beitrag werde ich Dir u.a. noch die non konfrontative Fragetechnik vorstellen.

Jetzt dazu nur so viel: Wenn wir die Wahrheit in diesem speziellen Fall herausfinden wollen, dann müssen wir es unbedingt vermeiden die Tat als solche moralisch zu bewerten und Schuldzuweisungen zu tätigen. „Also darf ich ihn nicht wie die Ermittler in meiner lieblings Netflix Serie anschreien?“ Ähm… Die Idee mit dem Anschreien ist erst mal klasse für Dein eigenes Ego und zeigt dem Bösewicht, wo er moralisch steht. Das bringt uns aber leider nur nichts, denn spätestens jetzt wird er abblocken und uns NICHTS mehr erzählen. Ich wandle hier mal einen bekannten Spruch ab: „Wer wissen will, muss freundlich sein.“

Du musst ein Freund sein.

Wir müssen eine Gesprächsatmosphäre herstellen, in der wir Glaubwürdigkeit aufbauen. Unser Gesprächspartner soll dabei nicht mehr unter Druck stehen und sich uns anvertrauen, indem wir eventuell vorhandenen Widerstand seinerseits abschwächen oder ganz beseitigen.
Sobald wir jemanden mit Vorwürfen überschütten, wird er „zumachen“ und uns keine Antworten mehr geben. Das müssen wir unbedingt verhindern.

Geh bitte gedanklich nochmal zurück zum Anfangsbeispiel und versuche nochmal Deine Gefühle der eigenen Betroffenheit abzurufen.
Würde es Dir gelingen ein solch professionelles Verhalten zu erbringen, wenn Du der Bestohlene wärst? Würdest Du ruhig auf Deinem Stuhl sitzen können, ohne denjenigen anzuschreien und ihm Deine ganze Wut und Enttäuschung über diesen Vertrauensbruch ins Gesicht schmettern zu wollen?
Ja, genau! Das könnten wohl die Wenigsten und das ist auch vollkommen verständlich, weil menschlich.

Was also tun? Was frage ich bei einem so besonderen Mitarbeitergespräch? Meine Empfehlung wäre – wenn Du nicht schon über eine eigene Loss Prevention Abteilung in Deinem Unternehmen verfügst – einen professionellen Interviewer zu engagieren, der in non konfrontativer Gesprächsführung und in psychologischen Techniken geschult ist. Ich kenne da zufällig einen verdammt Guten. Den Kontaktbutton findest Du auf dieser Seite.

Ein wesentlicher Bestandteil  eines erfolgreichen Interviews, ist die effektive Kommunikation mit dem Befragten, indem wir über das „bloße Reden“ hinausgehen und eine Verbindung auf menschlicher Ebene herstellen. Wir stellen hier in der wichtigsten Phase schon ganz zu Beginn den sog. Rapport her. Rapport ist einfach das Herstellen von Gemeinsamkeiten mit jemandem während eines Gesprächs. Es ist die Verbindung und ein Baustein für das Gespräch. Es geht darum, sich auf eine andere Person einzulassen und gleichzeitig Vertrauen aufzubauen. Der Schlüssel ist Verständnis zu haben und Mitgefühl zu vermitteln.

Wenn Du schon andere Artikel von mir gelesen hast, dann wirst Du es sicherlich schon langsam nicht mehr lesen können, weil ich es so oft wiederhole: Für die Zeit des Gespräches musst Du ein Freund sein. Und zwar genau der Freund, dem man sein Geheimnis anvertrauen möchte.
Einen solchen „Gesprächsprofi“ würde ich auf jeden Fall kontaktieren bevor Du anderen Maßnahmen ergreifst, es sei denn es handelt sich um schwere Straftaten die sofort angezeigt werden müssen.

Aber was kann man jetzt weiter gegen Diebstahl tun?
Am Ende Deiner Ermittlungen hast Du alle relevanten Informationen zusammen und kannst nun aufgrund dieser soliden Datenbasis Dein weiteres Vorgehen genau planen.
Als Interviewer versuche ich immer nach einem Geständnis ein „Entschuldigungsschreiben“ von meinem Gesprächspartner zu erhalten. Dies kann für den Arbeitgeber arbeits- und zivilrechtlich ebenfalls durchaus interessant sein. Aber wie schon gesagt gehe ich aufgrund der Komplexität des Themas in einem anderen Beitrag darauf näher ein.

Zum Abschluss möchte ich es noch einmal wiederholen, weil es so unheimlich wichtig ist und von so vielen so falsch gemacht wird:

Auf einen Blick:
Vermeide eine direkte Konfrontation.
Engagiere einen Profi, der in Interviewtechniken geschult ist.
Sammle so viele Informationen (Modus Operandi, weitere Täter, was wurde noch alles gestohlen? etc.) wie möglich. Sei ein Freund! Oder lass jemand anderen dieser Freund sein.

In den nächsten Artikeln gehe ich an dieser Stelle mehr ins Detail und beleuchte Techniken und Vorgehensweisen, die für eine erfolgreiche Ermittlung sehr hilfreich sind etwas näher. Bis dahin!