In diesem Beitrag erkläre ich Dir, warum dich deine Mitarbeiter bestehlen und was man dagegen tun kann.
Obwohl externer Diebstahl sehr häufig im Fokus von Loss Prevention liegt, ist das nur die halbe Miete, wenn wir uns über Verluste in Deinem Unternehmen unterhalten. Externe Diebe können in der Regel (wenn wir jetzt mal Einbruch nach §243 StGB außen vor lassen) nur agieren, wenn ein Geschäft geöffnet hat. Mitarbeiter jedoch haben vor, während und nach den Öffnungszeiten Gelegenheit dazu. Weil Mitarbeiter normalerweise unser volles Vertrauen genießen, können die kriminellen unter ihnen in der Regel groß absahnen: Man geht davon aus, dass sie z.B. unter anderem durch Unterschlagung im Schnitt ca. 115.000 Euro ergaunern, bevor sie auffliegen und ein Strafantrag gestellt werden kann. Externe Betrüger kommen im Schnitt gerade mal auf die Hälfte dieser Summe.
Warum stehlen Mitarbeiter?
Die Hauptursache sind fehlende Sicherheitsmechanismen in den Unternehmen. Gerade bei langer Unternehmenszugehörigkeit verbunden mit dem Wissen um Sicherheitslücken, kann es auf Deine Mitarbeiter sehr verführerisch wirken, sich hier zu bereichern.
Bestimmte Konstellationen begünstigen solche Taten:
Ein Mitarbeiter glaubt endlich mehr Geld verdient zu haben, weil er sich jahrelang „für den Laden“ aufgeopfert hat.
Ein Mitarbeiter glaubt vom Chef ungerecht behandelt zu werden, sodass ihm dieser Diebstahl nur recht geschieht. Er verdient es quasi bestohlen zu werden.
Ein Mitarbeiter leidet an Geldknappheit, weil er vielleicht einen teuren Lebensstil oder eine Lebenskrise, wie z.B. eine Scheidung zu meistern hat.
Ein Mitarbeiter stiehlt einfach nur, weil er es kann (und/ oder, weil Du es ihm ermöglichst).
Die wenigsten Mitarbeiter lassen sich mit der Absicht einstellen Dein Unternehmen zu bestehlen. Dies kommt in der Regel erst später, wenn z.B. die oben angeführten Konstellationen auftreten. Auch eine sehr akute finanzielle Not kann dazu führen, dass ein Mitarbeiter z.B. am Monatsende Geld aus der Kasse nimmt, um sich bis zur nächsten Gehaltsüberweisung über Wasser zu halten. Gute Menschen lassen sich manchmal in für sie extremen Situationen zu schlechten Dingen verleiten.
Es gibt eine Studie die besagt, dass der klassische Täter in der Regel über 40 Jahre alt ist und deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Er hat eine überdurchschnittliche Bildung, ist schon längere Zeit im Unternehmen beschäftigt und bekleidet häufig wichtige Stellen im Unternehmen. Passt eigentlich gar nicht in unsere klassische Vorstellung eines Täters, oder?
Häufige Formen des Mitarbeiterdiebstahls
Der wohl am meisten verbreitete Diebstahl ist das entwenden von Geld aus der Kasse. Diese Art des internen Diebstahls ist jedoch der am leichtesten zu identifizierende Verlust, denn man kann die Berichte der Kassensysteme verwenden, um den Bargeldbetrag in der Kasse zu verfolgen und so den Kreis potenzieller Diebe eingrenzen.
Eine weitere Form des Mitarbeiterdiebstahls ist das sog. Sweethearting oder Pass-off, bei dem ein Mitarbeiter beim Einkauf eines Freundes oder Familienmitgliedes (z.B. in Supermärkten) einfach nur jedes dritte oder vierte Produkt über den Scanner zieht und den Rest so durchlässt. Der Einkäufer marschiert also mit jeder Menge Gratisware aus Deinem Laden.
Rückgabebetrug ist eine sehr schwer aufzuklärende und subtile Möglichkeit sich unrechtmäßig am Unternehmen zu bereichern. Dazu retouniert der Mitarbeiter einfach ein in Wirklichkeit nie gekauftes Produkt und schreibt sich selbst oder einem Bekannten den Warenwert gut. Oder er erstattet den Betrag über einen Waren- oder Geschenkgutschein, der dann später ganz regulär wieder in Waren umgesetzt werden kann. Diese Art von Diebstahl ist ebenfalls sehr schwer zu erkennen, da der Mitarbeiter hier frei und fast unerkannt agieren kann. Im Grunde muss er dafür noch nicht einmal die Kasse verlassen.
Wenn Du es in Deinem Unternehmen mit organisiertem Diebstahl (Bandendiebstahl), oder organisierter Kriminalität von außen zu tun hast, dann hast Du in der Regel ein richtiges großes Problem. Mitarbeiter, die in Gruppen arbeiten, helfen sich natürlich gegenseitig dabei z.B. Waren vorerst an einem günstigen Platz zu verstecken, um sie später mitzunehmen. Wenn eine Bande z.B. komplett innerhalb einer Schicht agiert, dann hast Du unter Umständen niemanden dort vor Ort, der einen Diebstahl beobachten kann. Es gibt auch manchmal Mitarbeiter die einfach nur daran mitverdienen, indem sie bei organisierte Banden die von außen kommen einfach wegsehen, wenn diese Dein Geschäft leerräumen.
Hierzu einmal exemplarisch aktuelle Zahlen aus Niedersachsen:
Die Anzahl der bearbeiteten Verfahren im Bereich der Eigentumskriminalität stieg im Jahr 2020 auf 18 Verfahren und auf 141 Tatverdächtigen an (2019: 15; 121). Gerade im Bereich der Eigentumskriminalität seien die Übergänge zwischen der OK und mobile, organisierte Banden oftmals fließend, sodass eine Zuordnung nicht immer eindeutig erfolgen kann, obwohl die Täter ähnlich organisiert und strukturiert vorgehen. Die Bandbreite der Delikte reicht von organisierten Ladendiebstählen über Auto- und Ladungsdiebstähle bis hin zu Wohnungseinbrüchen und Geldautomatensprengungen. Im Jahr 2020 wurden sechs OK-Komplexe gemeldet, bei denen die Tatverdächtigen in kriminelle Clanstrukturen eingebunden waren und/oder Bezüge zu ethnisch abgeschotteten Subkulturen beziehungsweise Familienclans festgestellt wurden. Im Jahr 2019 waren es noch zehn Verfahren. Insgesamt wurde gegen 47 Tatverdächtige ermittelt (2019: 65). Diese agierten überwiegend im Bereich der Rauschgiftkriminalität.
So verhinderst Du Diebstahl in Deinem Unternehmen
Klar gibt es immer mal wieder genau die Situation, auf die man sich nicht vorbereitet hat, weil absolut neu und unbekannt ist. Selbst als erfahrener Ermittler passiert einem so etwas schon mal. Aber kein Grund zur Panik, es gibt da ein paar Basics, die Du sofort in Deinem Unternehmen umsetzen kannst:
1. Behandle Deine Mitarbeiter gut.
Wenn Du Deinem Mitarbeiter ein tolles Umfeld schaffst und ihm mit Wertschätzung entgegentrittst, dann wird es ihm auf jeden Fall schwerer fallen Dich zu bestehlen. Aufgrund des Respekts den er Dir und anderen Vorgesetzten dann vermutlich ebenfalls zeigt, wird er es sich doppelt überlegen Dein Unternehmen zu schädigen.
Hier Vorsicht: Wenn sich das Arbeitsumfeld ändert ist die gefühlte Verpflichtung gegenüber Deinem Unternehmen vielleicht wieder schnell verflogen, wenn der Mitarbeiter als Folge daraus unzufrieden wird. Das könnte zum Beispiel dann der Fall sein, wenn der Inhaber wechselt, oder jemand befördert wird, der es in den Augen Deines Mitarbeiters nicht verdient hätte. Vielleicht wartet er selbst auch schon seit langer Zeit auf seine Chance sich weiter zu entwickeln. Hast Du alle Leistungsträger Deines Unternehmens im Blick? Auch die, die vielleicht nicht so die Sichtbarkeit in tollen Projekten haben, aber trotzdem eine solide und konstante Arbeit leisten?
Wenn es um saisonale Teilzeitstellen (u.a. Zeitarbeit) geht solltest Du trotz aller Schwierigkeiten, die hier ein Aufbau von Beziehungen zu dieser besonderen Form von Mitarbeitern mit sich bringen, versuchen klug zu agieren.
„Peakzeiten“ bringen neben mehr Umsatz leider auch mehr Mitarbeiter mit, die einfach in einer kurzen Zeit nicht so in das Unternehmen integrierbar sind, wie Du dir das wünscht. Manchmal bestehlen diese Saisonmitarbeiter Deine Firma, weil sie wissen dass sie sowieso in ein paar Monaten weg sind.
Gerade während den Peakzeiten – also immer dann, wenn für Dein Business gerade „Saison“ ist- haben Vorgesetzte und Inhaber in der Regel immer etwas weniger Zeit für Ihre Stammmitarbeiter. Auch hier besteht die Gefahr, dass diese Mitarbeiter sich unbeachtet vorkommen und vielleicht manchmal einfach nur aus „Rache“ etwas stehlen. Hier sollten gerade Manager im Vorfeld Pläne entwickeln, wie sie in diesen Unternehmensphasen ihre Mitarbeiter „bei der Stange“ halten können. Denn eines muss Dir klar sein: Leiharbeiter sorgen für Deinen starken Umsatz während Peak, aber Dein Stammpersonal bringt Dir im Rest vom Jahr die Kohle rein.
Was ist Deine Strategie zur Mitarbeitermotivation im Peak? Wie gehst Du damit um, dass Mitarbeiterveranstaltungen heute leider aufgrund von Covid 19 und der damit verbundenen Beschränkungen durch die Pandemie nicht immer möglich sind?
2. Schule Deine Mitarbeiter in der Schadensverhütung.
Mit solchen Schulungen machst Du Deine Mitarbeiter natürlich nicht zu 100% igen Ladendetektiven. Ich behaupte jetzt mal ganz frech, dass es darum auch gar nicht geht. In erster Linie geht es darum den Mitarbeitern zu zeigen, dass Dir das Thema wichtig ist, dass Du die potentiellen Gefahren, oder vielleicht sogar schon akuten Bedrohungen erkannt hast und jetzt dagegen vorgehst.
Die allerwichtigste Lektion, die Deine Mitarbeiter im Rahmen einer solchen Schulung lernen ist aber folgende: Sie merken, dass sie beobachtet werden. Klingt hart? Ist es auch. Aber es geht darum Dein Unternehmen und seine Werte zu beschützen, da haben wir keine Zeit für Ringelpiez.
Wenn in Deinem Unternehmen bereits vorhanden, dann zeig Deinen Mitarbeitern ruhig den Kontrollraum Deiner Videoanlage. Zeige ihnen „was man alles sieht“. Ja, dass wird nicht bei jedem Deiner Mitarbeiter Begeisterung auslösen. Aber Du zeigst Ihnen so auch, dass Du transparent bist. Spätestens wenn Du einen Betriebsrat in Deinem Unternehmen hast, musst Du eh die Hosen runterlassen und genau zeigen was, wann und wie überwacht wird. Und gemäß Datenschutz-Grundverordnung ( DSGVO ) darfst Du CCTV ja nur in bestimmten Bereichen und z.B. nicht zur dauerhaften Überwachung von Arbeitsplätzen einsetzen. Nähere Informationen zum Thema gibt es demnächst in einem anderen Beitrag.
Informiere Deine Leute über die verschiedenen Möglichkeiten zur Verlustprävention in Deinem Unternehmen. Zeig ihnen genau, wie Deine Kasse Buchungen registriert und wie die Journale im Anschluss ausgewertet werden können. Zeig Ihnen, wie die regelmäßige Inventur funktioniert und wie man darüber Zeiträume von Diebstählen eingrenzen kann. Sei auch hier transparent, das schadet nicht! Zeig Ihnen, dass Du im Thema bist.
Wann hast Du das letzte Mal Deine Mitarbeiter in den relevanten Themen geschult? Wie transparent bist Du, wenn es um das Thema Verlustprävention geht?
3. Die Arbeits- bzw. Verkaufsumgebung.
Eine ordentliche, saubere, aufgeräumte und übersichtliche Arbeitsumgebung hilft nicht nur dabei, dass sich Mitarbeiter und Kunden bei Dir pudelwohl fühlen, sondern erschwert auch Diebstahl.
Kriminelle Mitarbeiter stehen natürlich wie jeder Dieb auch immer unter dem Druck erwischt zu werden, weshalb sie ihre Taten auch am liebsten an Orten begehen, an denen sie sich unbeobachtet fühlen. Wenn Dein Geschäft im Grunde sehr ordentlich, gut strukturiert und aufgeräumt ist, dann stiehlt der Mitarbeiter lieber im unorganisierten Lagerraum, in dem die unsortierten Waren lagern.
Wenn Dein Lagerraum aber gut organisiert ist, keine toten Winkel zum verstecken bietet, durch ein Warenbestandssystem erfasst ist und als i-Tüpfelchen vielleicht sogar noch über eine Videoüberwachung oder sogar eine Zugangskontrolle per Badgereader für Mitarbeiterbadges verfügt, dann bist Du gut aufgestellt.
Geh mal mit offenen Augen durch Deine Firma. Was würdest Du wo dort stehlen? Warum würdest Du das genau dort tun? Was könnte verhindern, dass Du dort etwas stehlen könntest? Frage Mitarbeiter, wo sie stehlen würden.
4. Etabliere ein anonymes Hinweisgebersystem.
Jetzt höre ich den ein oder anderen beim Lesen innerlich aufstöhnen: Ein Hinweisgebersystem? Denunziantentum? Stasi 2.0? Ähm…nein!
Ich spreche in meiner täglichen Arbeit nicht nur mit Verdächtigen, sondern gelegentlich auch mit Zeugen. Einige von denen sind sehr oft sehr frustriert. Woher kommt das? Sie selber sind meist gewissenhafte und vor allem ehrliche Mitarbeiter, die sehen dass gewisse Dinge im Unternehmen nicht so laufen, wie sie sollten.
Wenn man sich mit ihnen unterhält, dann kommt auch schon mal raus, dass Dinge wie Diebstahl, Unterschlagung, Arbeitszeitbetrug, Fälschung etc. schon lange vorher beobachtet wurden. Die Frage ist dann immer „Warum unternimmt mein Arbeitgeber nichts dagegen?“ . Allerdings unternehmen Zeugen meist auch selber nichts aus Angst vor Repressalien, oder selber vor den anderen Kollegen als „Kollegenschwein“ darzustehen.
Solche Situationen machen Dich als Unternehmer natürlich nicht glücklich. Wenn Du nun also ein anonymes Hinweisgebersystem für Straftaten in Deinem Unternehmen integrierst, dann bietet das Deinen Mitarbeitern die Möglichkeit, besondere Vorfälle zu melden, ohne mit Nachteilen rechnen zu müssen. Wenn Deine Mitarbeiter dann auch noch merken, dass sich daraufhin wirklich etwas tut, dann hast Du sogar noch etwas für das innerbetriebliche Klima getan. Näheres zum System und wie man ein solches im Unternehmen implementiert, erkläre ich Dir demnächst in einem anderen Artikel.
Ich hoffe diese kleine Übersicht kann Dir als Impuls dienen, Deine Verluste im Unternehmen weiter zu begrenzen und dass Du daraus die entsprechenden Maßnahmen ableiten kannst. Nicht alles ist immer für alle Branchen und Firmentypen 1:1 umsetztbar, jedoch sollte es Dir ein Gespür für eine sichere Umsetzung von präventiven Sofortmaßnahmen vermitteln. Schreib mir gerne mal, was Du umgesetzt hast und wie sich dein Shrink dadurch verändert hat. Bis bald.